Ein Fuchs in den Salzwiesen

[. . . bei Mariensiel.]


Mitte April 2019. Gleich nachdem ich die Hessenser Marsch durchquert hatte und bei Mariensiel auf die Salzwiesen stieß, gab es eine nicht alltägliche Begegnung. Ich entdeckte dort einen Fuchs der scheinbar einer Fährte folgte und erst auf mich aufmerksam wurde, als die Kamera klackte. Argwöhnische schaute er dann zu mir rüber, suchte Schutz, indem er durch den Priel lief. Aus einiger Entfernung beobachtete er mich dann und schien sich dort auch sicher zu fühlen. So konnte ich noch ein Foto mit vollem Zoom machen.

 
 




   
Es ist mir schon klar, dass die Salzwiesen für „Herrn Reinecke“ einen gut gedeckten Tisch bereit halten und dass er dort herumstreifen wird. Die hier am Boden brütenden Enten-, Wat- und Stelzvögel verteidigen ihre Gelege manchmal durch das Vortäuschen von Verletzungen um vom Nest abzulenken oder auch durch gewagte Angriffe. Bei beiden Strategien werden dann häufig Elterntiere selbst zu Opfern. Und sonst gibt sich der Fuchs auch mit den Kücken oder den Eiern zufrieden. So ist es in der Natur nun mal.  




   

 

Aber trotz allem Wissen darüber hatte ich in den vielen Jahren meiner Naturbeobachtungen bisher noch nie einen der „Eierdiebe“ dort entdecken können. Wieder ein schönes Erlebnis im „Naturparadies Wilhelmshaven“.

     
 

 

 

 


   
 

Für den Fuchs auf die Lauer gelegt



Nachdem ich einen Fuchs in den Salzwiesen sah und fotografieren konnte, hatte ich mich intensiv mit den Füchsen auseinandergesetzt. Die hier lebenden Tiere sind zweifellos bereits an die Zivilisation angepasst und gehören in unseren täglichen Ablauf. Einige von ihnen sind regelmäßig auf den Parkplätzen der Fast-Food-Ketten anzutreffen. Aber die, die noch den größten Teil ihrer Beute selbst jagen, sind nach wie vor scheu und immer auf der Hut.
Und genau die waren für mich interessant.


 
 

Ich hatte recherchiert, mit entsprechenden Fachleuten gesprochen, im Internet gesucht und auch in Büchern manches entdeckt. Dann hatte ich rumgefragt, wo es denn häufiger Sichtungen von Füchsen bei uns in Wilhelmshaven gab. „Danke an alle, die mich dabei so freundlich und interessiert unterstützt haben. Ohne euch hätte das nicht geklappt.“ Bald kristallisierte sich ein vermeintlich erfolgversprechendes Gebiet heraus.




   
Dort vor Ort ging es dann über Wochen an die aufwendige Spurensuche: Zuerst schaut man nach kleinen Schneisen im Gras, die jeder hinterlässt, wenn er über eine Wiese läuft. Wenn sich eine solche Spur bis zur angrenzenden Bewaldung eindeutig fortsetzt, kann es ein Anzeichen für ein größeres Tier sein, das hier immer wieder den gleichen Weg nimmt. Vielleicht ein Fuchs, der zu seinem Bau schnürt? Schnüren nennt man das Laufen des Fuchses.  




   

 

Die Trittsiegel, das sind die Pfotenabdrücke, liegen nicht nebeneinander sondern ganz gerade wie auf einer Schnur. Der Fuchs tritt mit den hinteren Pfoten in die Trittsiegel der Vorderpfoten. Man sucht also nach genau einem solchen Trittbild. Auch der Kot, die so genannte Losung ist ein wichtiges Indiz. Die Losung vom Fuchs ist fast schwarz und enthält oft Samen, Knochenteile und Federn oder Fell. Sie wird häufig an erhöhten Stellen wie Baumstümpfen oder Bordsteinen abgesetzt. Mit etwas Glück, aber das haben wir leider nicht gefunden, entdeckt man Büschel vom Fell an Sträuchern oder Baumstämmen.




     

Das war alles Neuland für mich, das ich dank fachmännischer Unterstützung entdecken und verstehen durfte. Ohne das Fachwissen hätte ich die Losung für schwarze Teerklumpen gehalten und das Trittbild hätte ich nie entdeckt. Es ist alles nicht so einfach, wie es sich anhört.

   



     
   

Dann hatte ich alle gesammelten Daten ausgewertet, mir eine Strategie zurechtgelegt, den vermeintlich richtigen Zeitpunkt abgeschätzt. Jetzt war es soweit und ich hatte mich auf die Lauer gelegt. Dabei kam ich mir schon etwas komisch vor, denn noch nie vorher hatte ich mich zum Fotografieren getarnt gekleidet und versteckt. Für die Schweinswale, die Robben und die anderen Watt- und Strandbewohner ist das im Allgemeinen auch nicht nötig und bei fast allen Vögeln reicht das Abducken hinter einem Busch oder schon allein ruhiges Stehenbleiben völlig aus. Der Fuchs möchte das aber anders. Da muss man unauffällig in und mit der Natur verschmelzen. Sonst zeigt er sich nicht. Also hatte ich die „Zeltlagertarnung“ angelegt . . .und dieser Aufwand lohnte sich!




     

Was soll ich sagen: „So ein Glück hat man nicht alle Tage - oder – das Glück ist mit dem Tüchtigen?“ Mein erster Beobachtungsversuch wurde gleich ein Erfolg. Schon nach rund einer Stunde im Versteck, noch vor der Dämmerung streifte ein Rotfuchs über die Wiese. Er schien mich gewittert zu haben, fühlte sich wohl auch sichtlich beobachtet aber scheinbar stellte ich keine Bedrohung für ihn da. Er schätzte die Situation als unbedenklich ein und legte sich sogar für eine kurze Pause ab.

   



     
   

Anschließend suchte er offenbar nach Beute, schaute sich aber immer wieder prüfend in alle Richtungen um. Das ging lange gut aber irgendwann bemerkte der Fuchs mich dann offensichtlich doch und brachte im schnellen Trab eine größere Distanz zwischen uns. Nicht ohne vorher sein Gebiet noch mit einem Stoß Urin zu markieren.




     

Dabei blicke er immer wieder exakt in meine Richtung und verschwand genau dort ins Unterholz, wo wir vor Wochen mit der Spurensuche begonnen hatten.

Alles richtig gemacht.

   



     
   

Während der ca. 15 Minuten Beobachtung zitterte ich die ganze Zeit leicht und hatte eine erhöhte Atemfrequenz aber ich konnte eine Reihe an Fotos machen. Ist es nicht einfach herrlich hier bei uns in Wilhelmshaven, mit der wilden Natur und den wilden Tieren darin?